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Folgen der Entscheidung des Landgericht Frankfurt am Main

Kontosperrung nach Geldwäscheverdachtsmeldung

Verdachtsmeldungen wegen Geldwäsche gem. § 43 GwG bringen in der Praxis viele Herausforderungen mit sich. Auch die aktuelle Entscheidung des LG Frankfurt aus dem Januar 2024 hat weitreichende Folgen für Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes (GwG). Auch der Widerspruch zu den Hinweisen der BaFin aus dem Dezember 2023 zur Anwendung des § 46 GwG wirft Fragen auf.

Sachverhalt

Der Sachverhalt des Urteils betraf eine türkische Staatsangehörige, die Kundin einer deutschen Geschäftsbank war. Im August 2022 meldete die Bank eine Einzahlung von 21.900 € aus der Türkei im Rahmen einer Geldwäscheverdachtsmeldung bei der FIU. Die Kundin legte keine Nachweise für die Einzahlung vor (dies war ein Immobilienverkauf). Die Bank kündigte daraufhin das Konto der Kundin ohne Angabe von Gründen, sperrte es und erstattete auch eine "Fristfall-Nachmeldung" wegen anschließender Lastschrifteinzüge.

Die Kundin wandte sich gegen die Kontosperre. Nach deren Aufhebung erklärten die Parteien den Rechtsstreit für erledigt. Das AG Frankfurt aM legte die Kosten des Verfahrens der Kundin auf, da die Drei-Tages-Frist nicht überschritten worden sei. Die Kundin legte sofortige Beschwerde ein, worüber das LG Frankfurt aM zu entscheiden hatte.

Entscheidung des Landgericht Frankfurt am Main

Das LG Frankfurt aM erlegte der Bank die Kosten des Verfahrens auf. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Aufrechterhaltung der Kontosperrung über die Drei-Tages Frist des § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GwG hinaus rechtswidrig war. Dies gelte auch, obwohl die Abgabe einer Verdachtsmeldung an sich gerechtfertigt gewesen sei.

Die Bank konnte sich auch nicht auf die Haftungsfreistellung gemäß § 48 GwG berufen, da diese nur bei rechtmäßigem Verhalten greift. Eine teleologische Reduktion der Haftungsfreistellung sei nach Ansicht des Gerichts geboten, da die rechtswidrige pauschale Kontosperre gegen den Regelungskontext des GwG verstoße.

Problemkreise des § 46 GwG

Fehlende Grundlage für Kontoumsatzsperren

Das Gericht stellte fest, dass § 46 Abs. 1 GwG nicht als Rechtsgrundlage für eine pauschale Kontoumsatzsperre geeignet ist, da sich die Norm spezifisch auf eine verdächtige Transaktion bezieht und nicht auf das gesamte Konto. Die Möglichkeit, das gesamte Konto aufgrund allgemein auffälligen Verhaltens zu sperren, hat keine gesetzliche Grundlage. Eine pauschale Kontoumsatzsperre würde zudem erhebliche Grundrechtseingriffe bedeuten, da die Schwelle zur Abgabe einer Verdachtsmeldung sehr niedrig ist und massive Auswirkungen auf die Betroffenen hätte. Das Gericht sieht hierbei auch verfassungsrechtliche Bedenken, ohne diese weiter auszuführen.

Es betont, dass eine Verdachtsmeldung zu einer Transaktion, die innerhalb von drei Werktagen nicht untersagt wurde, nicht länger eine Kontosperre rechtfertigen sollte. Denn nach Ansicht unserer Experten würde dies bedeuten, dass eine fortgesetzte Kontosperre eine ähnliche Wirkung wie das Einfrieren von Vermögenswerten haben könnte. Dies wäre angesichts der niedrigen Anforderungen an eine Verdachtsmeldung problematisch. Das Gesetz zielt nach Ansicht des Gerichts demnach darauf ab, lediglich die spezifische, verdächtige Transaktion zeitlich begrenzt zu sperren, und nicht das gesamte Konto.

Drei-Tages-Frist als Höchstfrist

Das LG Frankfurt aM interpretiert § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GwG demnach so, dass eine Transaktion spätestens nach drei Werktagen durchzuführen ist - also die Bank die Transaktion regelmäßig ausführen muss. Dies widerspricht dem Gesetzeswortlaut ("frühestens"). Auch die BaFin versteht die Drei-Tages-Frist als Mindestfrist, nach deren Ablauf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den Verpflichteten erforderlich ist, bevor die Transaktion ausgeführt wird. Das LG Frankfurt aM lehnt eine solche Prüfung ab, da sie im Gesetzestext nicht vorgesehen ist. Vielmehr versteht es die Frist als Höchstfrist.

Ursprungs- und Folgetransaktionen

Das Gericht sieht die Transaktionen der Fristfall-Nachmeldung zudem nicht als erneut fristauslösend nach § 46 Abs. 1 GwG an, sondern nur die Ursprungstransaktion (hier: die möglicherweise inkriminierte Einzahlung). Andernfalls wäre eine unbegrenzte Kontosperre die Folge. Das Gericht erkennt aber an, dass spätere Transaktionen eigenständige Geldwäscheverdachtsfälle sein können.

Auf eine mögliche Gesamtkontamination des Kontos durch inkriminierte Einzahlung geht das Gericht ebenso wenig ein wie auf eine mögliche Strafbarkeit wegen leichtfertiger Geldwäsche nach § 261 Abs. 6 StGB ein. Denn die Ausführung einer Transaktion, bei der sich Geldwäsche jedem aufdrängen müsste, ist - auch nach Ablauf der Frist von § 46 Abs. 1 GwG - selbst strafbewährt. Die Ausführung von Folgetransaktionen könnte demnach leichtfertige Geldwäsche sein. Diese Problematik wurde nicht thematisiert.

Fazit

Verpflichtete sollten nach Ansicht des Gerichts keine vollständigen und wochenlangen Kontosperren gemäß § 46 GwG verhängen. Transaktionen, aufgrund derer eine Verdachtsmeldung abgegeben wurde, sollten nach Ansicht des Gerichts nach Ablauf der Drei-Tages-Frist grundsätzlich zeitnah durchgeführt werden.

Es bleiben aber Unsicherheiten: Denn dies widerspricht der Ansicht der BaFin, die die Frist als Mindestfrist versteht. Zudem sollte auch möglich sein, Transaktionen, aufgrund derer eine Fristfall-Nachmeldung abgegeben wird, selbst über die Drei-Tages-Frist hinaus anzuhalten, wenn diese einen eigenen Verdacht begründen. Auch muss es möglich sein, alle Transaktionen, bei deren Ausführung eine Strafbarkeit wegen leichtfertiger Geldwäsche drohen könnte, länger als drei Tage anzuhalten - denn etwas Strafbares kann nicht verlangt werden. Eine zeitnahe gesetzliche Klarstellung wäre wünschenswert.

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